Das Igreja e Mosteiro de Santa Clara in Vila do Conde ist wie ein mächtiger, stiller Wächter aus Stein, der über die Stadt und ihre Geschichte wacht.

Der erste Blick auf die Außenfassade – eine Mischung aus Gotik und manuelinischen Elementen – ist beeindruckend. Dicke Mauern und zierliche Spitzbögen rahmen die Fassade ein, während uns der hohe Glockenturm fast wie ein Fingerzeig erscheint, der gen Himmel weist. In den grauen Granit, der im portugiesischen Licht beinahe silbern wirkt, sind feine Reliefs und Verzierungen eingearbeitet, die das Auge förmlich einladen, an den Details hängen zu bleiben.

Als wir die Kirche betreten, umfängt uns eine kühle Stille. Die hohen Gewölbe über uns, die spitz zulaufenden Bögen und die prächtigen, mit Gold überzogenen Holzaltäre verleihen dem Raum eine geradezu überirdische Wirkung. Wir stehen da, fast ehrfürchtig, und lassen den Blick über die bemalten Decken und die kunstvoll geschnitzten Altäre schweifen. Die Schnitzereien des Hauptaltars erzählen von Szenen aus dem Leben Christi, und jeder Winkel des Raums ist erfüllt von feiner Handarbeit und spiritueller Hingabe. Es ist schwer, sich nicht verloren zu fühlen in der Weite dieser gotischen Schönheit.

Auf unserem Rundgang gelangen wir zum Kreuzgang des Klosters, einem Innenhof, um den sich eine Galerie von zierlichen Säulen zieht. Die Spitzbögen werfen filigrane Schatten auf die Bodenfliesen, die mit den typischen portugiesischen azulejos, den blauen Fliesen, verziert sind. Die Muster und Motive, die hier abgebildet sind, erzählen von biblischen Geschichten und religiösen Symbolen, und es ist leicht, sich vorzustellen, wie die Nonnen hier ihre Tage in Gebet und Meditation verbracht haben.

Im Jahr 1318 gegründet, ist das Kloster eines der ältesten und bedeutendsten Klarissenklöster Portugals. Gegründet von Dona Mécia Gonçalves, einer Adligen mit einer tiefen spirituellen Hingabe, sollte es als Heim für die Klarissen-Nonnen dienen. Im 17. Jahrhundert, als Vila do Conde durch die Entdeckungen und den Schiffsbau wohlhabend wurde, profitierte auch das Kloster davon. Ein besonders beeindruckendes Bauprojekt jener Zeit war das Aqueduto de Santa Clara, ein riesiges Aquädukt, das extra zur Wasserversorgung des Klosters errichtet wurde und bis heute über weite Teile der Region zu sehen ist.

Das Kloster war über Jahrhunderte ein spirituelles Zentrum und zugleich ein Symbol für den Einfluss des Adels in der Region. Mit dem Aufstieg und Fall des Klosters gingen auch die Höhen und Tiefen der Stadt Vila do Conde einher. In Zeiten wirtschaftlicher Blüte konnten die Nonnen nicht nur ihr religiöses Leben führen, sondern auch eine bedeutende landwirtschaftliche und wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Doch im 19. Jahrhundert, als Portugal von politischen und sozialen Umwälzungen erschüttert wurde, kam es auch zur Säkularisation, und das Kloster verlor Teile seiner Bedeutung und seines Einflusses.

Beim Hinausgehen aus der Kirche blicken wir noch einmal zurück, und es fällt uns schwer, diesen Ort der Stille und des spirituellen Erbes zu verlassen. Das Igreja e Mosteiro de Santa Clara hat etwas Zeitloses an sich. Uns wird bewusst, wie tief diese Mauern im Glauben und im Leben der Stadt Vila do Conde verwurzelt sind und wie bedeutend dieser Ort für die Menschen über Jahrhunderte war – und vielleicht noch immer ist.

Mit müden Schritten und beeindruckten Herzen verlassen wir das Kloster, das nun hinter uns liegt, aber in Gedanken uns sicher noch ein Stück auf dem Pilgerweg begleiten wird.

Stand : 30.05.2022 / Caminho Portugues - Tag 1

Am Ende gilt nur, was wir getan und gelebt – und nicht, was wir ersehnt haben.