Perfekt inszenierte Komödie: Überschäumende Spielfreude, Situationskomik, Schlusspointe!
Am 28.10.23 zur ausverkauften Premiere der Komödie "Eine Stunde Ruhe" bin ich mit viel Vorfreude aus München angereist, weil das Stück und vor allem die Regisseurin und die Schauspieler*innen beste Unterhaltung erwarten ließen. Und die Erwartungen wurden noch übertroffen!
Was macht eine gelungene Komödie aus? Sie muss mit viel Schwung und Tempo eine Geschichte erzählen, perfektes Timing aufweisen, Charaktere entwickeln, Spannung und Entspannung, Überraschendes und Verrücktes bieten. Das steckt in diesem fein abgestimmten Komödien-Menü alles drin - samt feinem Dessert am Schluss!
Worum geht's? Die Hauptfigur Michel (Thomas Wehling, er spielt genial und mit Turbospeed, trägt den Abend) möchte nichts mehr als "eine Stunde Ruhe", um seine Lieblingsplatte anzuhören. Die heißt bezeichnenderweise "Me, Myself and I". Als echter Egoist versucht er immer und immer wieder, seinen Herzenswunsch durchzusetzen. Gegen alle Widrigkeiten und gegen alle um ihn herum, die jeweils ganz eigene Pläne verfolgen. Da ist einmal seine Frau Nathalie (Christina Huckle: ihre Mimik sagt alles, ihr ruhig-ironisches Spiel bringt einen wichtigen Kontrapunkt zum hektischen Michel). Sie will ihm ständig etwas Wichtiges sagen, darf aber nie ausreden. Da ist weiter seine arg anhängliche heimliche Geliebte Elsa (Doreen Nixdorf changiert perfekt zwischen naiv, verspielt, schelmisch und aufrichtig), die sich endlich outen will. Was er verzweifelt zu verhindern versucht. Einen Handwerker aus Polen (Achtung: Klischee!) gibt's auch: Leo. Er soll eigentlich die Wasserleitung reparieren, kommt aber offensichtlich von der Firma "Perfektes Chaos statt 08/15-Lösungen" und macht alles falsch, was man nur falsch machen kann. Faris Yüzbasioglu spielt das so charmant, bauernschlau und ironisch-naiv, dass man an den "Heinzelmann"-Staubsauger-Vertreter von Loriot denken muss. Ein Augen- und Ohrenschmaus. Ein Wasserrohrbruch mit Riesenüberschwemmung ist die Folge. Beim darunter wohnenden Nachbarn Pavel tropft es von der Decke, weshalb er Michel um Geld angeht. Stefan Imholz als Pavel spielt sehr gekonnt die aufsässige Nervensäge von nebenan. Zuletzt taucht auch noch Nathalies Ex-Lover Pierre (Oliver Baierl als Anzugträger lässig, cool und locker) auf, der dem Ganzen nochmals eine neue Wendung gibt.
Während also Chaos, Verwicklungen, Panik in der Wohnung stetig zunehmen, läuft im Hintergrund - sichtbar durch die Rückwandfenster - der Chaos-Handwerker hin und her, macht ganz fröhlich und selbstbewusst immer mehr kaputt und vergrößert dadurch die Überschwemmung. Bis es überschäumt.
Clever angelegt, diese zweite Handlungsebene. Sie sorgt für Running Gags und viele Lacher. Die Regie lässt zum Glück allen Schauspieler*innen ihren Freiraum, den diese lustvoll ausnutzen, um den individuellen Charakter jeder Figur - siehe oben - darzustellen. Alle haben ihre ganz eigenen Szenen, um zu glänzen. Das überträgt sich auf das Publikum, das mitfiebern, sich hineinversetzen und spontan lachen kann. Immer mittendrin statt nur dabei.
Regisseurin Raphaela Möst konzentriert sich auf das Wesentliche und sorgt durch eine auf 80 Minuten ohne Pause gekonnt gestraffte Inszenierung zusammen mit dem sehr spielfreudigen Ensemble für eine kurzweilige, temperamentvolle und spritzige Komödie. Mit viel Tempo, sprühendem Wortwitz, Slapstick-Einlagen und Situationskomik. Mit Loriot-Momenten, Running Gags, Irrwitz und feinsinnigen Szenen zum Nachdenken.
Und sie hält geschickt die Spannung, weil wir uns ständig fragen, wie der Egomane Michel da wieder 'rauskommt aus der Nummer. Bis zur Schlusspointe, die eine schöne Überraschung bereit hält. Mein Sitznachbar meinte danach spontan: "Eine runde Sache!". Lang anhaltender Applaus.
Hingehen, mitfühlen, hingerissen sein...
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