Die Ruínas de San Domingos liegen an einer kleinen, abgelegenen Ecke der Altstadt von Pontevedra, versteckt in einer stillen Gasse, die von engen, gepflasterten Straßen umgeben ist. Es scheint fast so, als ob der Ort eine kleine Auszeit vom hektischen Leben der modernen Stadt genommen hat.

Die Mauern ragen wie stumme Zeugen vergangener Zeiten in den Himmel. Ich kann förmlich spüren, wie der Ort von der Geschichte und dem Gebet durchdrungen ist, auch wenn vieles von der einstigen Pracht inzwischen dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen ist.

Die Umgebung ist ruhig. Ein paar Vögel singen in den Bäumen, deren Äste sich über die Ruinen ausbreiten, und die Geräusche der Stadt sind von hier aus kaum zu hören. Der Ort lädt mich ein, innezuhalten und tiefer in die Geschichte einzutauchen, die sich hier verbirgt.

Die Ruínas de San Domingos waren einst ein Kloster, das im 13. Jahrhundert von den Dominikanermönchen gegründet wurde. Ursprünglich als religiöses Zentrum mit einer Kirche und einem Klosterkomplex gebaut, sind die Ruinen heute das, was von dieser ehrwürdigen Institution übrig geblieben ist. Ich trete näher und nehme die gotischen Details der Steine wahr. Einige Teile der Mauern sind stark abgenutzt und von der Zeit gezeichnet, aber trotzdem kann man die ehemalige Schönheit der Architektur erahnen. Die Türme und Bögen, die einst stolz in den Himmel ragten, sind heute nur noch Fragmenten von Geschichten, die in den Steinen eingeschrieben sind.

Der Eingang, der von einem spitzen Bogen umrahmt wird, sieht aus, als könnte er bei der nächsten Brise zusammenfallen – aber es ist ein beeindruckender Anblick. Der Kreuzgang ist der faszinierendste Teil der Ruinen. Die offenen Arkaden bieten einen Blick auf den kleinen Garten, der von Natur überwuchert ist, aber noch immer eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Hier bin ich fast versucht, mich niederzulassen und zu verweilen. Es ist ein Ort, der zum Nachdenken und Innehalten einlädt – und vielleicht auch, um die eigenen Gedanken und den Pilgerweg zu reflektieren.

Die Säulen sind in vielen Fällen durch die Jahre des Verfalls stark beschädigt, aber sie wirken noch immer majestätisch. Der Boden ist mit Moos bedeckt und sieht aus, als könnte er jeden Moment die letzten Reste der Architektur verschlingen, doch für mich verleiht es dem Ort eine tiefe, fast magische Atmosphäre.

Der kleine Garten, der die Ruinen umgibt, ist fast ein heiliger Raum für sich. Bäume und Sträucher wuchern zwischen den Steinen und fügen sich fast organisch in das Bild der Ruinen ein. Es ist ein friedlicher Rückzugsort, der mir als Pilger ein Gefühl der Ruhe und Einkehr vermittelt.

Vom Garten aus kann ich auf die modernen Teile von Pontevedra blicken. Es ist ein Kontrast, der den Wandel der Zeit noch einmal betont. Hier, in den Ruinen von San Domingos, kann ich den Blick auf eine längst vergangene Zeit werfen – eine Zeit, in der der Glaube und das Gebet das Leben der Menschen dominierten. Doch der heutige Blick auf die Stadt zeigt mir eine Welt, die in Bewegung ist, voller Leben und vielleicht auch ein wenig weniger nachdenklich.

Dieser Kontrast zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart ist für mich als Pilger auf dem Weg nach Santiago besonders spürbar. Der Camino ist nicht nur eine Reise zu einem Ziel, sondern auch eine Reise durch die Geschichten und Erinnerungen der Orte, die ich passiere. Die Ruínas de San Domingos sind für mich ein Symbol für die Vergänglichkeit der Dinge, für den Wandel der Zeit, der auch vor den größten Bauwerken nicht haltmacht. Als Pilger halte ich inne und frage mich, wie viele Pilger wohl schon vor mir an diesem Ort vorbeigekommen sind. Vielleicht haben sie ähnliche Gedanken gehabt wie ich. Vielleicht haben sie auch die Ruinen betrachtet, die Verfall und Vergänglichkeit symbolisieren, aber auch die Hoffnung, dass selbst in den größten Ruinen noch etwas von der alten Gnade und Ruhe erhalten bleibt.

Stand : 05.06.2022 / Caminho Portugues - Tag 7

Zum Glück können wir nicht in die Zukunft sehen. So bleibt uns so manche Enttäuschung zumindest im hier und jetzt erspart.