Ah, die Ponte Sant’Angelo – die Brücke in Rom, die eigentlich ein Laufsteg für Engel sein könnte, wenn sie nicht in erster Linie dazu diente mittelalterliche Promis zu transportieren.

Ursprünglich ließ Kaiser Hadrian dieses prächtige Bauwerk im Jahr 134 n. Chr. errichten, um sich selbst ein kleines Extra-Gimmick zu gönnen: eine Privatbrücke zu seinem pompösen Mausoleum, der Engelsburg. Klar, warum nicht gleich eine eigene Brücke bauen, wenn man eh schon ein Mausoleum mit Flussblick plant? Der Kerl hatte einfach Stil – oder zumindest eine Menge Selbstbewusstsein.

Diese Brücke diente über Jahrhunderte hinweg als eine Art „Fegefeuer“ für alle, die zur Engelsburg wollten: Pilger, Häftlinge, Schatzsucher und irgendwann natürlich auch die päpstlichen Trossen. Fast jeder bedeutende Papst, der etwas auf sich hielt, hat auf dem Weg zur Engelsburg einmal die Brücke überquert. Man stelle sich die Szene vor: die Päpste in prunkvollen Gewändern, ernst dreinblickend, als ob sie direkt mit Gott telefonieren. Irgendwie haben sie es immer geschafft, dabei leicht versnobt zu wirken, als würden sie denken: „Schau her, ich schreite über meine Privatbrücke. Ganz Rom sollte mich bewundern.“

Aber dann das 17. Jahrhundert! Papst Clemens IX. kam auf die glorreiche Idee, die Brücke mit Engelstatuen zu bestücken. Kein Witz: Bernini – damals quasi der Leonardo DiCaprio unter den Bildhauern – wurde angeheuert, um Engel zu entwerfen, die passenderweise alle überaus dramatisch ihre Requisiten halten. Schwerter, Dornenkränze, was man halt so braucht, um eine Brücke richtig einladend wirken zu lassen.

Die Engel sehen dabei aus, als würden sie mitten in einer Shakespeare-Aufführung gefangen sein, jeder mit einem Gesichtsausdruck, der „Ich bin leidend und überirdisch“ schreit. Man kann praktisch hören, wie sie in Gedanken ihre eigenen Monologe sprechen.

Heutzutage laufen unzählige Touristen über diese Brücke, alle versuchen ein Bild von sich zu machen, bei dem sie zufällig „den perfekten Moment“ mit einem Engel erwischen. Die Brücke hat einfach diese Art von Charme, bei dem man sich trotz Jahrhunderte alter Geschichte denkt: „Klar, hier muss ich ein Selfie machen.“ Und immer wieder ermahnt die Polizei die Menschen, dass es nicht erlaubt ist, auf den Statuen zu sitzen – besonders die Engel sind oft davon betroffen. Diese Statuen haben in den Jahrhunderten alles gesehen: Kreuzritter, die Richtung Heiliges Land marschierten, Päpste, die sich zur Engelsburg aufmachten, und heute Instagrammer, die auf Zehenspitzen posieren, damit es aussieht, als könnten sie gleich davonfliegen.

Ich schlendere über die Ponte Sant'Angelo und versuche mir vorzustellen, wie die Häftlinge früher hier entlang geführt wurden. Die Brücke war damals auch so eine Art öffentlicher Vorhof zur Hölle. Ich stelle mir vor, wie sie dachten: „Na toll, die Engel zeigen mir hier den Weg – sieht das wohl ironisch genug aus?“ So viele Geschichten sind hier verewigt, dass man fast glaubt, die Steine hätten Ohren.

Kurz gesagt, die Ponte Sant'Angelo ist eine echte Diva unter den Brücken Roms – mit mehr Geschichte, als so mancher Soap-Opera-Drehbuchautor erträumen könnte. Jeder, der hier entlanggeht, von den Päpsten und Gefangenen der Vergangenheit bis zu den Touristen von heute, hinterlässt einen Hauch Dramatik auf dem Weg zur Engelsburg. Aber während ich da stehe, zwischen posierenden Menschen und angedeuteten Engelsmonologen, denke ich: Hadrian, du hattest echt Geschmack – wenn auch vielleicht etwas zu viel davon!

Stand : 18.05.2018

"Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze." ( Oscar Wilde )